Der Berliner Fußballverein FC Internationale zeigt, wie nachhaltiger Fußball aussehen kann – und das weit über den Amateurbereich hinaus. Mit dem ersten fair produzierten Cradle-to-Cradle-Trikot Europas beweist der Verein seine Vorreiterrolle im ökologischen Engagement.
Kleine Amateurvereine können nichts für Nachhaltigkeit tun? Das ist ein Irrglaube! Das Aktionsbündnis Fairer Handel Berlin und die FuWo zeigen auf, wie es gelingen kann. Im zweiten Teil der Serie „Berlin spielt fair“, die in Zusammenarbeit vom Aktionsbündnis mit der Fußball-Woche entstanden ist, stellt der FC Internationale seine Vorreiterrolle für ökologisches Engagement unter Beweis.
Es ist Sommer letzten Jahres in Berlin. Kapitän Álvaro Morata reißt den Pokal der Europameisterschaft in den Nachthimmel des Olympiastadions, nachdem die spanische Mannschaft im Finale England kurz vor Schluss besiegen konnte. Damit kürten sich die Spanier zum Titelträger eines Turniers der 24 europäischen Topnationen. So weit, so bekannt. Doch wussten Sie, dass kein Nationalteam der Europameisterschaft in Trikots spielte, die tatsächlich in Europa produziert wurden?Der erste Artikel der Serie „Berlin spielt fair“ behandelte unter anderem die Arbeitsbedingungen und niedrigen Lohnkosten in Südostasien, weshalb ein riesiger Anteil der Sportartikelbranche immer noch dort produziert. Aber ist es ein Naturgesetz, dass Fußballtrikots erst eine 7000km lange Reise auf sich nehmen müssen, bevor sie hier von uns mit Leidenschaft auf und neben dem Platz getragen werden? Ein Berliner Amateurverein zeigt, dass es auch anders geht.
Seit der Gründung im Jahr 1980 verbinden Menschen den FC Internationale mit mehr als nur Sport. In den Anfangsjahren galt das Engagement vor allem der Friedensbewegung, heute steht der Kampf gegen Rassismus und für Nachhaltigkeit im Vordergrund. Im Spätherbst 2020 bildete sich im Verein eine ehrenamtliche AG Nachhaltigkeit, die durch ihre Arbeit die soziale und ökologische Verantwortung des Fußballs in die Mitte der Mitgliedschaft holen wollte. So wurden neue Cateringangebote geschaffen, das Merchandise nach öko-fairen Kriterien ausgewählt oder ein jährlicher Nachhaltigkeitsspieltag umgesetzt. Mit Erfolg: Vor zwei Jahren gewann der Verein für sein Engagement den Großen Stern des Sports in Gold vom Deutschen Olympischen Sportbund, sozusagen den Oscar des Amateursports! Ende 2024 kam mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis eine weitere prestigeträchtige Auszeichnung für das jüngste Projekt bei der nachhaltigen Spielkleidung hinzu.
Zur EURO 2024 brachte der FC Internationale mit seinen neuen Ausrüstern runamics und Hakro eine kleine Weltneuheit auf den Platz: Das TRIKOT. Es wird ausschließlich aus Cradle to Cradle zertifizierten Materialien gefertigt und setzt damit neue Standards bei der Materialgesundheit, Kreislauffähigkeit sowie einer fairen und transparenten Lieferkette. Wie für Inter typisch tritt es mit einer klaren anti-rassistischen Botschaft auf der Trikotbrust statt Werbung auf. Mit der Ankunft des Rohgarns finden alle Arbeitsschritte in Portugal im Umkreis von 20 Kilometern statt. In Portugal gilt das Risiko für unfaire Arbeitsbedingungen als niedrig, weshalb dort viele nachhaltige Marken produzieren. Es gibt strenge Arbeitsgesetze, geregelte Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch und starke Gewerkschaften.
Cradle to Cradle heißt zu Deutsch „Von der Wiege zur Wiege“, sinngemäß „Vom Ursprung zum Ursprung“. Demnach ist das Trikot so hergestellt, dass es nach dem Auftragen nicht entsorgt werden muss, sondern zurück in den Kreislauf geführt wird. Aus einem alten Stück Stoff wird später wieder ein neues Trikot. Obwohl für die Produktion des Polyester-Stoffes immer noch Erdöl genutzt werden muss, ist die Lebensdauer sehr viel länger und wichtige Ressourcen werden geschont.
Außerdem sind Cradle to Cradle zertifizierte Materialien frei von bedenklicher Chemie, die in herkömmlicher Sportkleidung noch oft zu finden ist. In der Fachsprache sagt man, die Materialien sind „gesund“ (material health). Das ist auch ein wichtiges Argument beim weltweiten Mikroplastikproblem. Das beim Waschen und Tragen des Trikots freigesetzte Mikroplastik wird laut Angaben des Herstellers als „nicht-persistent“ klassifiziert, da es sich abbaut.
Ein weiteres Novum in diesem spannenden Projekt ist, dass der FC Internationale als erster Amateurverein eine offene Ausschreibung für die Suche nach einem neuen Ausrüster für die Spiel- und Trainingsbekleidung initiierte. Das Aktionsbündnis Fairer Handel Berlin stand im Prozess beratend zur Seite, beispielsweise durch die Erstellung einer Muster-Richtlinie für die nachhaltige Beschaffung im Sportverein. Die jetzigen Partner runamics und Hakro setzten sich im Vergabeprozess auch aufgrund des nachhaltigen Konzepts gegen größere Marken durch. Daraus könnte ein Trend entstehen, der Amateurvereinen echte Handlungsoptionen und die Chance für Innovationen gibt.
Natürlich kann ein einziger Sportverein nicht die Welt verändern. Trotzdem geht es um mehr als die Ausstattung der Spieleinnen und Spieler des FC Internationale. Das TRIKOT soll zur Diskussion darüber anregen, wie der Sportverein und die Sportindustrie der Zukunft aussehen können, wenn hiermit bereits eine fertige Marktlösung Realität ist. Das ist Nachhaltigkeit zum Anfassen – und das ist ein Game Changer!
Die nächsten Ausgaben nehmen Sie mit zu weiteren Leuchtturmprojekten. Unter anderem werden die beiden engagierten Klubs Pfeffersport und Polar Pinguin mit besonderen Projekten vorgestellt. Außerdem werden die Berliner Bundesligisten und ihre Fanshops näher beleuchtet. Zum Abschluss gibt es gebündelt Unterstützungsangebote für Sie oder Ihren Verein. Die nächsten vier Wochen immer exklusiv in der FuWo. So wird Berlin fair!
Der Beitrag ist im Rahmen einer Kollaboration der Fussballwoche und des Aktionsbündnisses entstanden.

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Unsere Vision ist, dass Berlin fair spielt, kickt, pritscht und läuft.
Durch Beratung von Sportvereinen und Sportverbänden, Kampagnenarbeit sowie Workshops und Vorträge machen wir den Berliner Sport fair.
Hier erfährst du, wie du dich oder deinen Verein nachhaltiger und fairer aufstellen kannst.
Für Fairplay – auf und neben dem Platz!