Im Interview für die Initiative „Fairplay in Berlin“ antworten Roland Zell, der Präsident des Badminton-Verbandes Berlin-Brandenburg (BVBB), sowie Daniel Tran-Thanh, der Referent für Nachhaltigkeit.
Roland ist seit 2023 für den BVBB im Amt. Er ist Mitglied bei ProSport Berlin und seit vielen Jahrzehnten selbst mit großer Leidenschaft im Badmintonsport aktiv. Er leitete vor seiner Funktion im BVBB die Badmintonabteilung von ProSport Berlin über viele Jahre hinweg.
Daniel ist Mitglied im TSV Spandau und wurde 2025 offiziell in diese neue Rolle im BVBB gewählt. Neben seinem Engagement für Klimaschutzthemen bringt er sich als Jugendtrainer ein und wirkt federführend an der Organisation nachhaltiger und inklusiver Veranstaltungen im Verein mit.
ABFH: Der Badminton-Verband Berlin-Brandenburg ist der zuständige Fachverband für die Sportart Badminton in der Region Berlin-Brandenburg. Wie seid ihr aktuell aufgestellt und was sollte man unbedingt über euch wissen?
Roland: Wir sind ein Verband im Wandel – und wachsen mit jeder Herausforderung. In den letzten zwei Jahren ist es uns gelungen, unsere Geschäftsstelle von einer auf vier Personen zu erweitern. Parallel dazu trägt ein bemerkenswert engagiertes ehrenamtliches Team unsere Arbeit. Nahezu alle Positionen sind aktuell besetzt – und wir sind stolz auf zunehmende Vielfalt und Offenheit, die unser Team prägt. In Relation zur Mitgliederanzahl sind wir sportlich ein überdurchschnittlich erfolgreicher Verband. Unsere gemeinsame Motivation ist klar: Wir brennen für diesen Sport – und möchten ihn für möglichst viele Menschen zugänglich, fair und zukunftsfähig gestalten.
ABFH: Faires Handeln im Sport ist ein dehnbarer Begriff. Wie genau definiert ihr diesen im Berliner Badmintonsport?
Daniel: Für uns im BVBB ist das Thema „faires Handeln“ eng mit dem Begriff Nachhaltigkeit verknüpft – und damit ein noch recht neues, aber wachsendes Feld. Wir entwickeln uns in diesem Bereich Schritt für Schritt weiter und stimmen uns aktuell intensiv zwischen dem haupt- und ehrenamtlichen Team ab: Welche Schwerpunkte setzen wir? Wie binden wir unsere Mitgliedsvereine ein? Was bedeutet Fairness konkret in unserem Sportkontext?
Klar ist für uns: Fair handeln heißt mehr als nur ökologisch verantwortungsvoll zu agieren. Wir möchten den Begriff ganzheitlich verstehen – und dabei auch die sozialen Dimensionen in den Blick nehmen. Das betrifft etwa den Umgang miteinander im Vereinsalltag, den Zugang zum Sport für alle, den Schutz von Kindern und Jugendlichen oder den Abbau von Barrieren für Menschen mit Behinderung.
Fairness zeigt sich für uns nicht nur in der Spielkultur, sondern auch in Strukturen und Haltungen: in einer offenen Willkommenskultur, in sicherem Miteinander, in respektvollem Verhalten – und darin, wie wir mit Ressourcen, Menschen und Macht umgehen. Nachhaltigkeit, Kinderschutz, Inklusion und Teilhabe sind deshalb für uns keine getrennten Themen, sondern miteinander verbunden. Diese Brücke sichtbar zu machen, ist uns ein wichtiges Anliegen.
ABFH: Im Jahr 2024 habt ihr das Projekt „GreenServe“ durchgeführt. Worum ging es in dieser nachhaltigen Initiative und wie genau habt ihr Mitgliedsvereine des Verbandes eingebunden?
Daniel: GreenServe war ein echtes Gemeinschaftsprojekt mit dem Ziel, Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft im Badmintonsport praktisch erlebbar zu machen. 20 Vereine aus Berlin und Brandenburg haben sich beteiligt und gemeinsam mit uns alte Ballrollendeckel und Schlägersaiten gesammelt. In einem zweiten Schritt entstand aus den gesammelten Ballrollendeckeln ein neues Projekt: die Deckel wurden zu Medaillen und Karabinern verarbeitet und es wurde somit ein zweiter Lebenszyklus für das Abfallmaterial erschaffen.
Gleichzeitig haben wir auf Social Media und in unseren Veranstaltungen für mehr Bewusstsein rund um Materialverbrauch im Sport geworben. Besonders spannend waren die sogenannten „Roundtables“, bei denen wir Vertreter der größten Badmintonhersteller:innen mit Nachhaltigkeitsexpert:innen zusammengebracht haben. Das war eine Premiere – und hat neue Impulse in die Industrie getragen; beispielsweise für die Nutzung von alternativen Bällen, die ohne Gänsefedern auskommen.
ABFH: Nachhaltigkeit auf Projektebene habt ihr also bereits erfolgreich implementiert. Wie sieht es mit der strategischen Einbettung in der gesamten Organisation aus?
Roland: Nach GreenServe war für uns klar: Nachhaltigkeit soll kein Einzelprojekt bleiben. Aus dem Projekt heraus hat sich eine sehr engagierte Person, mein Interviewpartner Daniel, hervorgetan, den wir als ehrenamtlichen Referenten für Nachhaltigkeit gewinnen konnten – eine Position, die wir neu geschaffen haben.
Parallel dazu fließt das Thema nun fest in unsere langfristige Strategie ein. Derzeit erstellen wir als Verband erstmals einen umfassenden Strategieplan. Nachhaltigkeit ist darin nicht nur als Querschnittsthema verankert, sondern auch als Haltung, die unser Handeln prägt – von der Turnierorganisation bis zur Produktwahl.
ABFH: Was sind aktuell die größten Herausforderungen für mehr Fairen Handel im BVBB?
Daniel: Viele der im Badminton verwendeten Produkte stammen aus Asien – insbesondere Spielmaterialien wie Federbälle, die ausschließlich dort gefertigt werden. Auf diese Produktionsbedingungen haben wir hier vor Ort kaum Einfluss. Auch bei Textilien ist die Situation herausfordernd: Zwar gibt es erste Entwicklungen hin zu nachhaltigeren Lösungen, insbesondere bei funktionalen Polyesterstoffen, doch der Markt steckt noch in den Kinderschuhen und entsprechende Angebote fehlen weitgehend.
Gleichzeitig beobachten wir, dass das Thema Nachhaltigkeit nach dem Peak im Jahr 2024 in der Förderlandschaft aktuell weniger Priorität hat. Gerade für kleinere Sportarten wie unsere wäre Unterstützung essenziell, um langfristige Veränderungen anzustoßen – sei es durch bessere Materialien oder faire Lieferketten.
ABFH: Im Sport denken wir gerne lösungsorientiert: welche Chancen sieht der Verband bei einer konsequenten Ausrichtung im Nachhaltigkeitsbereich?
Roland: Wir sehen darin eine Chance, das Profil des Badmintonsports zu schärfen. Wenn wir uns klar positionieren – sei es durch nachhaltige Events, durch Bildungsarbeit oder durch Kooperationen mit Hersteller*innen – können wir andere mitnehmen.
Gleichzeitig erleben wir, dass hier Potenzial liegt, dem Thema neuen Schwung zu verleihen: Nachhaltigkeit wird spürbar, wenn sie konkret wird – und das hat in unserem Verband bereits Menschen inspiriert. Unser Ziel ist es, noch mehr Engagierte in der Badminton-Community und darüber hinaus zu gewinnen. Wenn wir zeigen, dass nachhaltiges Handeln praxisnah, sinnvoll und gemeinschaftsstärkend sein kann, entsteht eine Dynamik, von der wir uns erhoffen, dass sie über einzelne Projekte hinauswirkt.
ABFH: Gibt es noch etwas, was du loswerden möchtest?
Roland/Daniel: Wir möchten Vorbild für andere Badminton-Landesverbände und die Badminton-Community sein. Wir möchten zeigen, dass Nachhaltigkeit und sportlicher Erfolg einhergehen können und wir wollen unbedingt der gesellschaftlichen Verantwortung eines Sportverbandes gerecht werden und mit unserer Arbeit dazu beitragen, dass die großen gesellschaftlichen Herausforderungen bewältigt werden können.