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Turnfestes Leipzig 2025 – Mit verantwortungsvoller Volunteer-Ausstattung ein Zeichen für Fairness im Sport setzen

(c) DTB

Das Turnfest Leipzig 2025 (28.05.-01.06.2025) hat gezeigt, wie eine Sportgroßveranstaltung auch für Fairness in der Textilproduktion sensibilisieren kann. Durch eine Partnerschaft mit dem Global Nature Fund wurden verantwortungsvolle Volunteer-Produkte beschafft und der Sponsor Erima überzeugt, dies auch mit seinen T-Shirts für das Event zu tun. Außerdem wurden Mitarbeitende und Volunteers umfassend informiert und geschult, wie auch Teilnehmende und Besuchende durch eine große Fairness-Informationskampagne mit verschiedensten Workshops und Mitmach-Aktionen für das Thema sensibilisiert.

  • 24. Oktober 2025
Warum textile Nachhaltigkeit bei Sportgroßveranstaltungen wichtig ist!

Bei einem Blick hinter die Kulissen von Sport(groß)veranstaltungen wird schnell klar: Es werden enorme Mengen an Textilien benötigt. Von der Ausstattung der Volunteers über Teamkleidung bis hin zur Merchandise-Artikeln. Und diese werden bislang oft ohne die Einhaltung sozial und ökologisch verantwortungsvoller Kriterien beschafft.

Menschenrechte, faire Arbeitsbedingungen oder Umweltaspekte stehen bei der Auswahl häufig nicht an erster Stelle, stattdessen dominieren Themen wie Logistik, Sicherheit, Sponsoring oder Medienrechte. Textilien (z.B. Sportkleidung, Fanartikel, Arbeitskleidung für Volunteers) werden dabei häufig als Nebensache betrachtet. Strenge Budgetvorgaben führen dazu, dass in der Regel der günstigste Anbieter bevorzugt wird. Hinzu kommen vertragliche Bindungen an große Sportartikelhersteller als Sponsoren, von denen viele keine sozial und ökologisch nachhaltigen Produkte anbieten. Das schränkt die Handlungsmöglichkeiten der Veranstaltenden stark ein. Sportgroßveranstaltungen sind erster Linie die Bühne für sportliche Aktivitäten und (Spitzen-)Leistungen und das ist auch gut so. Doch gerade, weil sie so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, bieten sie eine großartige Chance, Themen wie nachhaltigen Konsum sichtbar zu machen!  Die Reichweite und emotionale Bindung, die Sport erzeugt, kann genutzt werden, um Menschen für textile Fairness zu sensibilisieren. Wenn Volunteers mit fairer Ausstattung auftreten oder klare Botschaften sichtbar platziert werden, schafft das eine Strahlkraft, die weit über die Veranstaltung hinaus in Verbände, Vereine, Fanszenen und die Gesellschaft wirkt und genau hier setzt unser Ansatz an.

(c) DTB

Bei der weltweit größten Breiten- und Wettkampfsportveranstaltung sollten Volunteer-Textilien mit verbindlichen Nachhaltigkeitskriterien beschafft werden und die Chancen für Sichtbarkeit und Vorbildwirkung genutzt werden – kein „nice to have“, sondern der Standard.

Mit der Kampagne „Sport Fairändert“ wollten wir genau diese Bühne nutzen, um textile Nachhaltigkeit im Sport erlebbar zu machen, Entscheidungsträger*innen in Verbands- und Organisationsstrukturen zu sensibilisieren und dauerhaft in den Verbänden und Vereinen zu verankern.

Kooperation für Expertise und Reichweite

Das Deutsche Turnfest ist eines der größten Breitensportevents der Welt und damit eine ideale Plattform, textile Nachhaltigkeit sichtbar zu machen. Textile Produkte und ihre globalen Lieferketten sind jedoch komplex und selbst für Fachleute schwer zu durchdringen. Daher haben sich die Veranstalter*innen des Turnfestes mit dem Global Nature Fund (GNF) einen erfahrenen Partner an Bord geholt: Der Global Nature Fund brachte seine Expertise aus dem Projekt „Fair Wear Works“ ein, in welchem sie bereits seit 2020 mit Femnet e.V. zu fairen Lieferketten beraten. Mit diesem Wissen unterstützte der GNF die nachhaltige Ausschreibung von Produkten, die inhaltliche Gestaltung von Informations- und Bildungsmaßnahmen sowie die Umsetzung der Kampagne „Sport Fairändert“.

Die Förderung durch ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des BMZ sowie weiterer Partner wie die Deutsche Postcode Lotterie machte es möglich, diese Ansätze im Rahmen des Turnfests 2025 in großem Maßstab umzusetzen.

Die Fairnesskampagne – Inhalte und Maßnahmen
(c) DTB

Zu Beginn stand die Beratung und Sensibilisierung des Turnfest-Teams, wie auch die Einbindung und Sensibilisierung der Entscheidungsträger*innen. Gemeinsam wurden Grundlagen nachhaltiger (Sport)Textilbeschaffung erarbeitet und Wege aufgezeigt, wie soziale und ökologische Textilstandards verbindlich in die Beschaffungsrichtlinien integriert werden können. Parallel wurde der Markt nach passenden Produkten und Herstellenden erkundet.

Ein zentraler Baustein war die Beschaffung der Volunteer-Ausstattung. Erstmals in der Geschichte des Turnfestes wurden textile Produkte über eine Ausschreibung vergeben, die klare Kriterien einer sozial und ökologisch verantwortungsvollen Produktion beinhaltete. Das Ergebnis: 4.000 Turnbeutel und 1.200 Bucket Hats GOTS-zertifiziert, die nicht nur funktional waren, sondern mit den Botschaften „Fairsteckt“ und „Fairdeckt“ auch Aufmerksamkeit für textile Fairness erzeugten.

Alle 3.500 Volunteers wurden so während des Turnfests zu sichtbaren Botschafter*innen.

Die Kampagne „Sport Fairändert – Unser Verein, unsere Werte“ beinhaltete umfangreiche Maßnahmen, um Volunteers, Teilnehmende und Besuchende breit für das Thema zu erreichen und zu sensibilisieren. Herzstück der Kampagne waren drei eingängige Botschaften – „Fairschwitzt“, „Fairdeckt“ und „Fairsteckt“ die auf der Website, Plakaten, Infoflächen und Produkten präsent waren und neugierig machten.

Eine eigene Projektwebsite bündelte Hintergrundinformationen, einen digitalen Einkaufsratgeber und Materialien für Vereine.

Darüber hinaus wurden gezielt Bildungsangebote integriert, um Wissen zu vertiefen und Engagement zu fördern. Die Volunteers erhielten verpflichtende Schulungen und ein kompaktes Erklärvideo, um selbst sprechfähig zu werden. In der Turnfest-Akademie und in der Turnfest-Woche (28.05. – 01.06.2025) wurden Workshops und Fachvorträge angeboten, die das Thema nachhaltig in den Köpfen verankerten und den Transfer in die Vereinsarbeit unterstützten. Plakate und digitale Werbeflächen informierten zusätzlich.

Um gezielt Menschen aus Sportvereinen zu erreichen, wurde ab März 2025 ein Ideen-Wettbewerb ausgerufen. Sportvereine wurden eingeladen, innovative Projekte aus ihrer eigenen Vereinspraxis einzureichen; z.B. zu nachhaltiger Textilbeschaffung, Wiederverwendung oder Nachnutzung, wie auch Bildung und Aufklärung. Als Preis winkten 40 Vereins-Sets mit hochwertigen Sport-T-Shirts aus Lyocell – einem ressourcenschonenden Funktionsmaterial, fair produziert in Portugal. Der Wettbewerb wurde bundesweit beworben und motivierte Vereine, sich aktiv mit textilem Fairplay auseinanderzusetzen und eigene Ansätze sichtbar zu machen.

Initiiert durch das Projekt: Abstimmungen mit Erima

Im Kontext des Turnsports bzw. des Deutschen Turner-Bundes (DTB) gibt es eine Sponsoring-Partnerschaft mit einem großes Sportartikel-Hersteller: Erima.

Im Rahmen des Projektverlaufs und der Vorbereitungen des Turnfestes kristallisierte sich heraus, dass Erima auch Partner und Sponsor für das Turnfest Leipzig 2025 werden würde.

Diese Entwicklung eröffnete neue Möglichkeiten, sowohl die Projektexpertise als auch das geplante Event optimal zu nutzen. Um diese Chance zu nutzen, initiierten wir einen strukturierten Austausch- und Beratungsprozess mit den Entscheidungsträger*innen des DTB, der DTB Service Gesellschaft (DTB SG) und Erima zu den potenziell als Sachsponsoring bereitgestellten Volunteer-Shirts. Unsere klaren Anforderungen an die Volunteers T-Shirts waren die Verwendung von nachhaltigen Materialien ohne Kunststofffasern sowie die Erfüllung von Kriterien für sozial und ökologisch verantwortungsvolle Beschaffung. Das bisherige Sortiment der Erima-Produkte konnte diese Nachhaltigkeitsanforderungen nicht erfüllen.

Erima zeigte sich kooperativ, die Ziele des Turnfestes zu unterstützen und suchte proaktiv nach Lösungen. D.h. Erima begab sich auf die Suche nach Lieferanten bzw.  Produktionsstätten, die GOTS-Bedingungen für Baumwoll-Shirts erfüllen können. Der gemeinsame Prozess aus Austausch und der fachlichen Beratungen führte schließlich zu einem erfolgreichen Abschluss: Erima unterstütze das Turnfest mit rund 11.000 Shirts aus Biobaumwolle für Volunteers, Kampfrichter*innen und das Team. Die gelieferten T-Shirts bestehen aus 100% Biobaumwolle und wurden in einer GOTS-zertifizierten Produktionsstätte hergestellt. Obwohl die T-Shirts selbst nicht GOTS endzertifiziert waren, erfüllten sie durch die nachhaltige Auswahl des Grundmaterials und die zertifizierte Produktionsstätte gewünschte Nachhaltigkeitsstandards.

Bedauerlicherweise handelte es sich bei diesem nachhaltigen Produkt um eine einmalige Sonderanfertigung für das Turnfest. Nach unserem Kenntnisstand wird dieses Produkt zukünftig nicht in das Standardsortiment von Erima aufgenommen.

Herausforderungen & Learnings

Die Umsetzung des Projekts und deren einzelner Bestandteile war nicht frei von Herausforderungen. Zusammengefasst lassen sich diese in folgende Bereiche aufteilen.

Organisationsstrukturen im Sport

In die Planungen, Vorbereitungen und Umsetzungen des Turnfestes waren viele verschiedene Organisationseinheiten, Gremien und Akteur*innen eingebunden – beispielsweise das eigentliche Organisationskomitee, der DTB, die DTB SG wie auch verschiedenste übergreifende Gremien und (z.T. ehrenamtliche) Arbeitskreise. Dementsprechend waren viele verschiedene Personen zu erreichen und für das Thema mitzunehmen und auch unterschiedliche Interessen und Zuständigkeiten zu berücksichtigen. Für die Entscheidungsfindung und die Prozesse war dies nicht immer hilfreich.

Zeiträume

Die globale Struktur textiler Lieferketten führt zu langen Produktions- und Lieferzeiten, die in Beschaffungsprozessen zwingend berücksichtigt werden müssen. Personal-, Organisations- und Entscheidungsstrukturen von Sportevents sind sich dieser Zeiträume oft nicht bewusst, was zu Planungs- und Umsetzungsproblemen führen kann. Gerade die individuelle Beschaffung nach definierten und umfassenden Nachhaltigkeitskriterien von textilen Produkten in großer Stückzahl benötigt einen ausreichenden Zeitraum. Dieser kann von Entscheidungen des Designs und Logos, Produktdetails bis zur Ausschreibung und Vergabe sowie der Produktions- und Lieferzeit bis zu 6-10 Monaten dauern. Auch im Rahmen des Prozesses für das Turnfest war dies eine große Herausforderung,

Budget & Personal

Budget- und Personalstrukturen für Sportevents werden schon viele Jahre vor dem eigentlichen Event festgelegt und können so nur unzureichend auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren. Nachhaltigkeits-Investitionen finden nur langsam ihren Weg in die Budgets von Großveranstaltungen oder werden nicht als Priorität gesehen. Im Falle des Turnfestes war auch hier kein ausreichendes Budget für die Beschaffung von verantwortungsvollen Produkten vorgesehen.

Nur durch die Unterstützung des GNF – fachlich und v.a. auch finanziell (Förderung der Beschaffung der Volunteers Turnbeutel durch die Deutsche Postcode Lotterie) – stand ausreichend Budget zur Verfügung, um Produkte mit verbindlichen Nachhaltigkeitskriterien beschaffen zu können.

Wissen & Expertise bei Sportartikelherstellern, Entscheidungsträger*innen

Im Laufe des Projekts wurde deutlich, dass in den Strukturen und Teams, die Sportgroßveranstaltungen organisieren, als auch bei den Anbietenden von Sportartikeln, bislang nur begrenztes Wissen zu textilen Lieferketten vorhanden ist. Themen wie Risiken von Menschenrechtsverletzungen in der Produktion oder die ökologischen Herausforderungen verschiedenen Fasern (etwa fossile Kunstfasern oder Baumwolle) sind den Beteiligten kaum bekannt und bewusst. Hinzu kommt, Nachhaltigkeit häufig einseitig betrachtet wird. Meist wird sich vor auf ein einzelnes Kriterium konzentriert – meist ökologische Aspekte wie z.B. die Verwendung recycelter Materialien – während soziale Dimensionen wie faire Arbeitsbedingungen in der Lieferkette kaum Beachtung finden. Dabei ist Nachhaltigkeit immer als Zusammenspiel von ökologischen und sozialen Faktoren zu verstehen. Eine rein ökologische Betrachtung greift zu kurz und verfehlt das Ziel einer ganzheitlich verantwortungsvollen Beschaffung.

Verstärkt wird diese Unklarheit durch das Marketing vieler Hersteller*innen, die mit Schlagworten wie „grün“, „nachhaltig“ oder „Change“ werben, ohne belastbare Zertifizierungen oder Siegel nachweisen zu können. Dieses „Labelling“ erschwert es insbesondere Verantwortlichen in Sportstrukturen, fundierte Entscheidungen für eine glaubwürdig nachhaltige Beschaffung zu treffen und zwischen echten Standards und reiner Imagepflege zu unterscheiden.

Durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema im Rahmen der Fairnesskampagne und für die Beschaffung der Volunteer-Produkte des Turnfestes, die Unterstützung des GNF und das wiederholte Platzieren des Themas durch die zuständigen Mitarbeitenden des Turnfestes, wurde in den Strukturen des Turnfestes und des DTB ein Prozess angestoßen, der sonst so nicht stattgefunden hätte.

Selbstverpflichtung & Haltung & Priorisierung

Für die Umsetzung von so grundsätzlichen Prinzipien der Nachhaltigkeit und Verantwortung im Sport und für Events braucht es eine klare Selbstverpflichtung und eine deutliche Haltung der Entscheidungsträger*innen. Diese Position müssen klar nach innen und außen vertreten werden und dessen Umsetzung unterstützt und auch eingefordert werden. Es braucht darüber hinaus aber auch daraus resultierende Entscheidungen, damit die Umsetzung erfolgen kann und Budget bereitgestellt wird. In der Praxis ist oft nicht die Frage eines grundsätzlich vorhandenen Budgets, sondern die Setzung von Prioritäten für die Verteilung eines Budgets.

In Bezug auf das Projekt, die Fairnesskampagne und die Umsetzung von Maßnahmen während des Turnfestes hat sich gezeigt, dass es hierbei in der Prioritätensetzung deutliche Unterschiede zwischen dem Veranstaltungsteam und dem Verband gab. Aus dem Turnfest selbst, von dessen Entscheidungsträger*innen und Mitarbeitende wurden die Projektziele und grundsätzliche Werte in Haltung um Umsetzung stark unterstützt. In Bezug auf den DTB war seitens dessen Positionierung oder Priorisierung keine klare Haltung zu bzw. zielgerichtete Unterstützung von verantwortungsvoller Textilbeschaffung – für das Turnfest selbst bzw. in der verbandlichen Arbeit für die Mitglieds-Verbände/-Vereine zu erkennen.

Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit

In der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit rund um das Turnfest wurde deutlich, dass der Herkunft von Sportkleidung bislang nur geringe Bedeutung beigemessen wird. Die Aufmerksamkeit lag vor allem auf klassischen Eventthemen wie inhaltlichem Programm, sportlichen Leistungen, Organisation oder Logistik. Eine gezielte und stärker auf den Wert der Fairness im Sport abgestimmte Kommunikationsstrategie hätte hier großes Potenzial, das Thema nachhaltiger Textilien wirkungsvoll mit den Grundwerten des Sports zu verknüpfen und dadurch mehr Relevanz zu erzeugen vermocht. Diese Option wurde vom Event selbst als auch vom Verband nicht genutzt.

Eine zentrale Herausforderung – besonders für den Ideenwettbewerb – bestand darin, die Menschen in den Sportvereinen direkt zu erreichen. Die deutschlandweiten Sportstrukturen sind stark hierarchisch organisiert, mit vielen Ebenen, Gremien und Organisationen, sodass Informationen oft gefiltert werden und nur verzögert oder abgeschwächt an der Basis ankommen. Hinzu kommt, dass die Arbeit in den Vereinen stark vom Ehrenamt geprägt ist: Engagierte sind häufig überlastet, stark auf ihren unmittelbaren Aufgabenbereich fokussiert und haben nur begrenzte Kapazitäten oder Bereitschaft, sich mit zusätzlichen Themen zu befassen. Erst durch wiederholte Ansprache über verschiedene Kanäle und den gezielten Einsatz von Multiplikator*innen konnten wir diese Zielgruppen erreichen – allerdings mit erheblichem Aufwand.

Diese Erfahrungen zeigen, dass Kommunikation zu nachhaltigen Textilien im Sport gezielt an die Wertewelt des Sports insbesondere an den Fairnessgedanken anknüpfen sollte, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Relevanz herzustellen. Gleichzeitig erfordert es eine klare Strategie, um die komplexen Strukturen des organisierten Sports zu durchdringen und Engagierte im Ehrenamt nicht zu überfordern. Für zukünftige Projekte bedeutet dies: Inhalte müssen niedrigschwellig, klar verständlich und direkt anschlussfähig an die Praxis im Vereinsalltag vermittelt werden, unterstützt durch die Positionierung der entsprechenden Verbände, Multiplikator*innen und wiederholte Kommunikation über mehrere Ebenen hinweg. Nur so lassen sich nachhaltige Impulse dauerhaft bis in die Vereinsbasis tragen.

Fazit

Die Kampagne „Sport Fairändert“ im Rahmen des Internationalen Deutschen Turnfests 2025 war ein wichtiger Schritt, um textile Nachhaltigkeit im Sport sichtbar zu machen und als Thema in den Vereinsalltag zu tragen. Durch die Kombination aus Beratung, fair beschaffter Volunteer-Ausstattung, klarer Informationskampagne und Bildungsangeboten gelang es, Wissen zu vermitteln, Bewusstsein zu schaffen und erste praktische Umsetzungserfahrungen zu ermöglichen. Die positive Resonanz und die große Sichtbarkeit während des Turnfests zeigen, dass Sportgroßveranstaltungen ein enormes Potenzial als Plattform für Nachhaltigkeit haben und dass „Sport Fairändert“ als Leuchtturmprojekt für zukünftige Events dienen kann.

Ein entscheidender Erfolgsfaktor war die Kooperation mit dem Global Nature Fund (GNF). Die fachliche Expertise einer erfahrenen NGO erwies sich als unverzichtbar, um komplexe Themen wie Lieferketten, Zertifizierungen und Materialfragen verständlich aufzubereiten und glaubwürdig zu kommunizieren. Diese Zusammenarbeit schloss bestehende Wissenslücken und verlieh dem Projekt sowohl inhaltliche Tiefe als auch Glaubwürdigkeit.

Besonders hervorzuheben ist die Bereitschaft und das Engagement des Turnfest-Teams, das Thema aktiv voranzutreiben. Durch die enge Zusammenarbeit und die konsequente Integration von Nachhaltigkeit in bestehende Organisationsstrukturen wurde eine wichtige Grundlage für den Erfolg gelegt. Dies führet auch dazu, dass in den Überlegungen über und Verhandlungen des DTBs mit dem Sponsor Erima, Fairness- und Nachhaltigkeitskriterien erstmalig betrachtet und diskutiert wurden. Dass Erima ein Volunteer-Shirt aus GOTS-Baumwolle zur Verfügung gestellt hat – auch wenn es bedauerlicherweise kein dauerhaftes Erima-Produkt wurde – ist für alle Beteiligten ein großer Erfolg und zeigt, dass es möglich ist.
Inwieweit sich diese Prinzipien und Werte jedoch dauerhaft in den Strukturen und Sponsoringpartnerschaften des DTB und des Turnsports verankern muss sich erst noch zeigen.

Gleichzeitig wurde deutlich, dass die Verankerung solcher Themen nicht allein über Einzelprojekte oder das Engagement einzelner Veranstaltungen und Vereine gelingen kann. Um textile Nachhaltigkeit im Sport langfristig zu etablieren, braucht es eine stärkere grundsätzliche Positionierung und institutionelle Unterstützung durch Verbände. Diese könnten durch zentrale Schulungs- und Sensibilisierungsangebote, Musterleitfäden zur nachhaltigen Beschaffung, die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in ihre Regularien oder in die grundsätzlichen Entscheidungen für und Verhandlungen mit Sponsoren entscheidend dazu beitragen, dass Sportevents und Vereine entlastet und Standards verbindlicher werden. Ein „Top-down“-Ansatz, der von den Verbänden gesteuert und von NGOs fachlich begleitet wird, wäre deutlich wirkungsvoller, als das Thema ausschließlich auf das freiwillige Engagement einzelner Veranstaltungs-Teams oder Vereine zu stützen.

Insgesamt zeigt „Sport Fairändert“, dass textile Nachhaltigkeit im Sport nicht nur möglich, sondern auch anschlussfähig ist, wenn Expertise, klare Strukturen und die Reichweite großer Veranstaltungen zusammenspielen. Dieses Zusammenspiel sollte gezielt weiterentwickelt werden, um aus diesem Pilotprojekt ein wiederholbares Modell für andere Sportgroßveranstaltungen zu machen.

Weitere Infos zum Projekt

Zur Fairnesskampagne des Turnfests
Zum Ideenwettbewerb von Sport fairändert
Zum Projekt Fair Wear Works vom Global Nature Fund
Ps. Was ist das Internationale Deutsche Turnfest Leipzig 2025?

Das Internationale Deutsche Turnfest – die Traditionsveranstaltung des Deutschen Turner-Bundes e.V. (DTB – ist die weltweit größte Sportveranstaltung mit Wettkampf-, Freizeit- und Gesundheitssport, sowie Bühnen-/Show- und Galaprogrammen und einer großen Fortbildungsakademie. Es findet alle vier Jahre in einer deutschen Großstadt statt – 2025 vom 28. Mai bis 1. Juni in Leipzig. Im Rahmen des Turnfestes 2025 fanden außerdem die Europameisterschaften im Gerätturnen 2025 (Turn-EM, 26.-31.05.) statt.

In Leipzig waren rund 50.000 registrierte Teilnehmende aus nahezu 2.500 Vereinen aus dem gesamten Bundesgebiet und 20 Ländern weltweit dabei. 3.500 ehrenamtliche Volunteers unterstützten das Event, das an 23 verschiedenen Orten in Leipzig stattfand. Über 800 Personen in EM-Delegationen mit mehr als 300 Aktiven aus 37 Nationen waren an der Turn-EM beteiligt.
Das Turnfest hatte über den Zeitraum 26.05. bis 01.06.2025 über 126.000 Besuchende auf dem Messegelände und 732.000 Menschen in der Innenstadt, 35.000 Sportler*innen haben in Gemeinschaftsunterkünften in Schulen und Sporthallen übernachtet.

https://www.turnfest.de/

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